Mit Kuscheldialog kommen wir in der Integrationsdebatte nicht voran

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Besonders wohl dürfte sich die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer, beim diesjährigen Integrationsgipfel nicht gefühlt haben. Statt der wahrscheinlich erwarteten Dankbarkeit, überhaupt eingeladen zu sein, gab es diesmal Kritik, statt eines einträchtigen Bildes in den Medien einen Boykott der am ersten Gipfel beteiligten türkisch-stämmigen Verbände. Auch wenn die Veranstalter immer wieder darauf hingewiesen haben, dass die anderen 90 Teilnehmer anwesend waren – diejenigen um die es ihnen bei diesem Gipfel eigentlich ging, waren nicht dabei.

Von den Integrationsproblemen der Italiener oder Spanier spricht sonst niemand, selbst wenn es auch bei diesen Bevölkerungsgruppen das eine oder andere Problem gibt. In der Politik und der Medienberichterstattung geht es jedoch fast immer nur um den arabisch- oder türkischstämmigen Migranten. Und diese saßen zum Größtenteil nun nicht mit am Tisch. Insoweit ist es fast schon verständlich, dass die Integrationsbeauftragte zunehmend gereizt auf die in Aussicht gestellte und nun vollzogene Absage reagierte.

Frau Böhmer geht aber zu weit, wenn sie den Verbänden eine falsche Informationspolitik im Zusammenhang mit dem neuen Zuwanderungsgesetzes vorwirft. Im Gegensatz zur Bundesregierung sind diese nämlich überhaupt auf die Idee gekommen, die von diesem Gesetz in erster Linie Betroffenen, nämlich die Migranten, über dieses Gesetz zu informieren. Auch ist die Kritik an diesem Gesetz nicht neu, schon während des Gesetzgebungsverfahrens haben sich Migranten- und Menschenrechtsverbände zu Wort gemeldet und Missstände im Gesetzentwurf kritisiert, auch von dieser Stelle (Beitrag vom 2. April 2007, 23. Mai 2007, 14. Juni 2007, 15. Juni 2007). Gehört wurden diese Einwände trotz des laufenden vermeintlichen Dialogs in den Arbeitsgruppen und trotz Vorbereitungen für den zweiten Integrationsgipfel nicht. Und in dieser Kritik ging es gerade nicht nur um den Ehegattennachzug, sondern auch um den Geist hinter diesem neuen Zuwanderungsgesetz: „Ihr seid weder willkommen noch gewollt“ (PE vom 15. Juni 2007).

Dabei hätte eine Änderung im Ausländer- oder Zuwanderungsgesetz vor einigen Jahren noch weit weniger das Interesse der Migranten geweckt. Die wenigsten fühlten sich noch als Ausländer, wer noch nicht eingebürgert war, spielte zumindest mit dem Gedanken. Doch schnell stellte sich heraus, dass das vermeintliche Zuwanderungsgesetz vieles komplizierter, einiges unmöglich werden ließ. Schließlich waren es die massenhaften Rücknahmen von Einbürgerungen im letzten Jahr, die den Migranten das Gefühl gaben, auch als Eingebürgerte, auch als Deutsche nicht von der Ausländergesetzgebung wegkommen zu können. Ein Vertrauen in die Bestandskraft der neu erlangten Staatsbürgerschaft besteht bei den wenigsten. Da darf es niemanden wundern, wenn die im neuen Gesetz eröffnete Möglichkeit der Andersbehandlung von Familienzusammenführungen bei eingebürgerten Deutschen wieder Salz in eine klaffende Wunde streut.

Letzendlich nahmen die türkisch-stämmigen Verbände die Bundesregierung bei ihrem Wort. Sinn des Integrationsgipfels sollte ja gerade die Etablierung eines Dialogs, das Aufeinanderzugehen und Sich-ernst-nehmen. Man wollte miteinander reden und nicht übereinander. Bei den Beratungen zum neuen Zuwanderungsgesetz wurde jedoch wieder nur über die Migranten und nicht mit den Migranten geredet. Ihre Einwände waren den Verantwortlichen nicht einmal einen flapsigen Kommentar wert. Dabei hätte man die Absichtserklärung des Bundes auf dem zweiten Integrationsgipfel, den Dialog mit Migranten fortzusetzen „sowie deren Organisationen künftig stärker in die Planung und Durchführung von Vorhaben“ einzubeziehen, doch schon einige Monate vorher in die Tat umsetzen und das Vertrauen in die Ernsthaftigkeit dieser Absichtserklärungen stärken können. Doch diese Möglichkeit wurde verpasst.

Die Haltung der türkisch-stämmigen Verbände war keine Verweigerung, sie war gerade das Angebot zu einem ernsthaften, mit Inhalten gefüllten Dialog. Die Alternative dazu ist nur ein Kuscheldialog, bei dem man zwar medienwirksam zusammenkommen, ohne Ergebnisse aber wieder auseinandergehen muss. Die Migrantenorganisationen haben gezeigt, dass man für diesen Kuschelkurs nicht zu haben ist. Nun liegt es an der Bundesregierung und an der Integrationsbeauftragten, die Migrantenorganisationen beim Wort zu nehmen und in einen konstruktiven Dialog auf der Sach- und nicht auf der unverbindlichen Absichtsebene einzusteigen. Dazu müsste jedoch die Integrationsbeauftragte ihre Partner erst kennen lernen. Bisher dürfte sie aber die wenigsten Verbände kennen gelernt haben.

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