10 Jahre Deutsche Islamkonferenz

Zwei Schritte vor, drei zurück

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Anlässlich des 10-jährigen Jubiläums der Deutschen Islamkonferenz (DIK), die vom Bundesministerium des Innern veranstaltet wird, befand sich die Konferenz für kurze Zeit im Feiermodus. Und nach langer Zeit, in der kaum noch von ihr zu hören war, wurde die Öffentlichkeit wieder kurzzeitig auf sie aufmerksam. Die Reden zum 10-jährigen Jubiläum und die Bewertungen in der Presse befassten sich mit den positiven und negativen Auswirkungen der DIK.

Zugegeben, die Konferenz befindet sich derzeit in ihrer dritten Phase und verläuft im Vergleich zu den beiden vorherigen deutlich positiver und ergebnisorientierter. Dieser positive Trend kann jedoch nicht über den grundlegenden Konstruktionsfehler der Konferenz hinwegtäuschen: Die Existenz der DIK ist das Ergebnis der anormalen Wahrnehmung muslimischer Präsenz in Deutschland, ihrer Bewertung als Verkehrsunfall in der gesellschaftlichen Entwicklung. Die Existenz der Konferenz an sich ist ein Eingeständnis, dass die muslimische Präsenz in Deutschland als Störung empfunden wird. Diese auf dem grundlegenden Konstruktionsfehler der Konferenz basierende Sichtweise macht es notwendig, die vielen Probleme, die im Konferenzprozess auftreten, als naturgegeben hinzunehmen. Aus diesem Material hätte ohnehin kein anderes Gericht entstehen können.

Die bloße Existenz der Konferenz hindert Muslime und insbesondere die von ihnen gebildeten Religionsgemeinschaften daran, ihre Rechte in vollem Umfang wahrzunehmen. Es gibt keinerlei rechtliche Hindernisse, islamische Gemeinden im Rahmen des bestehenden Religionsverfassungsrechts in die notwendigen gesellschaftlichen Bereiche einzubeziehen. Was hier fehlt, sind nicht die rechtlichen Instrumente, sondern der Wille der politisch Verantwortlichen, die notwendigen Schritte zu unternehmen. Die DIK ist genau diese Verfestigung und Verkörperung der politischen Unwilligkeit innerhalb des Staatsapparates. Sie ist im Grunde nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems.

Dennoch können wir nicht leugnen, dass es in den letzten Jahren in einigen Bereichen Fortschritte gegeben hat. In vielen Bundesländern wurde der islamische Religionsunterricht an öffentlichen Schulen und die Einrichtung islamisch-theologischer Fakultäten an Universitäten eingeführt. Da der Status von Muslimen jedoch immer wieder als Ausnahmefall behandelt wird, sehen wir, dass selbst diese Rechte und Möglichkeiten hinter denen der Kirchen zurückbleiben. In dieser Hinsicht muss die Bilanz der DIK als zwei Schritte vor und drei zurück bewertet werden.

Zwei Punkte müssen wir unbedingt auf der Habenseite der DIK verbuchen. Zum einen konnten sich Religionsgemeinschaften und staatliche Institutionen erstmals im Rahmen der DIK über Integrationsfragen hinaus mit aktuellen Themen auseinandersetzen, was sich auf die Bundesländer ausgeweitet hat. Der zweite Gewinn ist ein Gewinn an bitterer Erfahrung. Die gesammelte Erfahrung hat gezeigt, dass die Gemeinden nicht ausreichend darauf vorbereitet waren, die inhaltliche Dimension dieser Beziehung zum Staat auszufüllen. Neben den erschwerenden Kriterien, die von den politisch Verantwortlichen aufgestellt wurden, haben die Gemeinden ihre eigenen Hausaufgaben nicht erledigt und tun dies in vielen Bereichen immer noch nicht, was dazu geführt hat und immer noch führt, dass viele Errungenschaften nicht erzielt werden konnten.

Eine der Lehren, die aus dem Prozess der DIK gezogen werden könnten, ist, dass die bestehenden Vorurteile gegenüber den Gemeinden nicht nur die jeweilige Gemeinde betreffen, mit der man gerade zu tun hat. In den ersten beiden Phasen der Konferenz, insbesondere zu Beginn der zweiten Phase, sahen wir, dass die anderen Gemeinden kaum ihre Stimme gegen die Angriffe der Behörden auf die Islamische Gemeinschaft Millî Görüş erhoben. Dabei war Millî Görüş nie das einzige Ziel. Die Vorwürfe, die gegen Millî Görüş erhoben wurden, richteten sich unausgesprochen auch gegen die anderen Gemeinden. Doch diese Institution musste den Kampf gegen diese Vorwürfe meist allein führen.

Heute hat sich das Blatt zwar gegen eine andere Institution gewendet, doch die Behörden haben ihre Gewohnheit, mit dem Finger auf andere zu zeigen, nicht aufgegeben. An die Stelle von Millî Görüş ist nun DİTİB getreten. Das Ziel des Mechanismus ist jedoch dasselbe geblieben: Über die ins Visier genommene Institution sollen alle Gemeinden unter Generalverdacht gestellt und eingeschüchtert werden. Was sich ebenfalls nicht geändert hat, ist das Verhalten der anderen Institutionen, die nicht direkt betroffen sind. So wie man sich früher davor hütete, sich offen auf die Seite von Millî Görüş zu stellen, wenn Vorwürfe gegen die IGMG erhoben wurden, so schweigt man auch heute zu den Angriffen auf DİTİB. Mit Verwunderung stellen wir fest, dass selbst diejenigen, die gestern noch Opfer waren, heute zu den Schweigenden gehören.

Dabei hat uns der Prozess der DIK eines deutlich vor Augen geführt: Die Probleme, mit denen wir als muslimische Gemeinden konfrontiert sind, sind keine Einzelprobleme, sondern institutionelle und strukturelle Dilemmata, mit denen jede einzelne Institution konfrontiert ist. Die Unwilligkeit der politisch Verantwortlichen richtet sich nicht nur gegen eine unserer Institutionen, sondern gegen alle unsere Institutionen. Von der institutionalisierten Islamfeindlichkeit bekommen sowohl unsere Institutionen als auch unsere Menschen ihren Teil ab. Und es sind immer noch wir selbst, die mit unserer institutionellen Zersplitterung den Nährboden dafür liefern.

In den 10 Jahren seit Bestehen der DIK hat sich vieles entwickelt, aber die Fähigkeit der muslimischen Gemeinden zur Zusammenarbeit gehörte nicht dazu. Nachdem der Koordinierungsrat der Muslime in Deutschland (KRM), der als Ergebnis des letzten gemeinsamen Arbeitsprozesses vor Beginn der DIK gegründet wurde, de facto handlungsunfähig geworden ist, warten wir wieder einmal auf die nächste Initiative zum Wiederzusammenschluss, die wievielte auch immer in den letzten 50 Jahren.

Im Moment nehmen die Beziehungen zwischen den islamischen Gemeinden die unproduktivste Position unter allen institutionellen Beziehungen ein, die unsere Gemeinden pflegen. In vielen Fragen ist nicht nur keine Zusammenarbeit möglich, sondern es kann nicht einmal eine Kommunikation aufrechterhalten werden. Dabei gibt es in der heutigen Zeit, in der wir mit gemeinsamen Problemen zu kämpfen haben und die Lösungen nur gemeinsam finden können, keine wichtigere Aufgabe, als die Kommunikation zwischen den islamischen Gemeinden aufrechtzuerhalten und zu verbessern. Wenn wir unseren Bemühungen wirklich neuen Schwung verleihen wollen, können wir hier ansetzen.

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